Das letzte Viertel

Auf dem Stephansdom befindet sich eine Uhr, die schlägt nur die vollen Stunden;
um viertel und um halb müssen die Turmwächter selber die Primglocke schlagen;
aber um dreiviertel tun sie es nicht, da schlägt es überhaupt nicht.
Warum zum letzten Viertel nicht geläutet werden darf, erzählt uns die folgende Sage.

Als die Türken im Jahre 1683 vor den Toren Wiens lagerten und alles versuchten,
um die Stadt zu erobern, gerieten die Verteidiger bald in arge Bedrängnis.
Doch noch wehrten sie tapfer jeden Ansturm ab und brachten dadurch den türkischen General zur Verzweiflung,
da der Sultan schon täglich auf die frohe Botschaft von der Eroberung der Stadt wartete.

Nun wollten die Osmanen zum letzten und entscheidenden Sturm ansetzen.
Da tat der General einen Schwur.
Er werde am nächsten Tag zwischen elf und zwölf Uhr vormittags die Stadt erobern und zwar dann,
wenn es am Stephansturm dreiviertel schlage.
Doch der Plan wurde verraten, die Wiener hörten von diesem Schwur und verboten dem Turmwächter,
um dreiviertel die Glocke zu läuten. Der General wartete und wartete mit seinen Soldaten auf das Zeichen,
jedoch dreiviertel schlug es nicht. So war der letzte Angriff gescheitert.

Zur Erinnerung an jene Begebenheit während der Türkenbelagerung,
darf auf dem Stephansturm zum letzten Viertel nicht geschlagen werden.